Geschichte Rügens - von der ältesten Zeit bis auf die Gegenwart - von Otto Wendler, 1895

Rügen unter schwedischem Zepter

Bogislaw XIV. vereinigte 1625 nach dem schnellen Hinsterben der letzten Zweige des pommerschen Herzogstammes die Regierung von ganz Pommern und Rügen unter sich. Aber so vorteilhaft diese Einigung für das ganze Land zu werden versprechen konnte, so verhängnisvoll wurde die Zeit des letzten Pommernherzogs für Pommern und Rügen. Unter ihm, dem letzten Spross des uralten Greifenstammes, dem man nichts als seine unerschütterliche Treue gegen Kaiser und Reich und sein Vertrauen auf kaiserliche Worte zum Vorwurf machen kann, wenn anders diese ein Vorwurf sind, war Pommern und Rügen eine Zeit des Leidens beschieden, wie sie selbst gebracht hatten. Nicht der gewaltige und gewaltätige Däne Absalon, der grimmigste Feind Rügens, hat so schrecklich auf der Insel gehaust, so vernichtend auf Kultur, Leben und Wohlstand derselben seine Faust gelegt, wie die Feldherrn auch zuerst die "Blauvölker" herzlich gern, kamen sie doch als Freunde und Beschützer und vor allem als Soldaten des Kaisers. In Rügen lebten, wie ein Chronist sagt, die neuen Gäste in vollem Vergnügen, und war im Anfange des Schmausens kein Ende. Der Bauer, welcher die Blauvölker damals noch nicht kannte, meinte, es müsste so sein, und trug kein Bedenken, alles was er hatte, fröhlich aufzutischen. Aber dies schöne Verhältnis dauerte nicht lange. Schon im November kamen Soldaten nach Stralsund hinüber, um geraubte Sachen: Betten, Butter, Brot und zinnernes Gerät zu Gelde zu machen, und auch schon waren Frauen und Mädchen vor der Brutalität der zügellosen Scharen nicht mehr sicher; brachte man doch schon im November einige vor Angst und Vergewaltigung wahnsinnig gewordene nach Stralsund, die dort im Irrenhause ein elendes Ende fanden. Je mehr der Bauer gab, desto mehr verlangte der Soldat; täglich drei Mahlzeiten zu je drei Gerichten war das mindeste, und Bier soviel und so oft er begehrte. Die Offiziere waren damit natürlich noch nicht zufrieden, und der 
Herzog von Holstein hatte für sich und seinen Stab täglich folgende bescheidene Forderung: einen halben Ochsen, 2 Schafe, 6 Hühner, 2 Gänse, 10 Pfd. Butter, 1 Kalb, ein halbes Schwein, 1½ Tonne Bier, 4 Pfd. Lichte; außerdem wöchentlich: 36 Thaler für Wein, Gewürz und Konfekt, 1 Scheffel Erbsen, eine halbe Tonne Essig, 1 Scheffel Hafergrütze, 20 Pfd. Stockfisch, 1 Achtel Hering, eine halbe Tonne Salz. Solche Forderungen, wie sie nicht vereinzelt, sondern mehrfach gemacht wurden, mussten natürlich die Vorräte bald erschöpfen; und da eine geordnete Verpflegung der Truppen nicht eingerichtet wurde, kam es zu Erpressungen und Gewaltauftritten der schlimmsten Art. Selbst die Geistlichen wurden nicht verschont. Und wehe den Armen, die sich, um den letzten Rest ihrer Habe zu schützen, zur Wehr setzten! So hatten die Gingster ein über das andere Mal Plünderungen über sich ergehen lassen müssen, endlich trieb sie die Verzweiflung zum äußersten. Als wieder eine Bande Marodeure kam, zogen sie die Sturmglocke, thaten sich zusammen und schlugen die "Mausebrüder" mit blutigen Köpfen aus dem Orte hinaus. Aber das wurde ihnen arg "versalzen". Die Soldaten holten sich Verstärkung, und jetzt erging über die Gingster ein schreckliches Strafgericht. Was von den Einwohnern sich nicht in die Wälder retten konnte, wurde erschlagen oder erschossen, die Häuser geplündert und dann der ganze Ort eingeäschert. Am schlimmsten erging es dem Prediger. Er fiel den Soldaten in die Hände, und da sie bei ihm Geld vermuteten, schlugen sie ihn und bedrohten ihn mit Martern, wenn er ihnen seine Schätze nicht herausgebe. Aber der arme Mann hatte selber nichts. Da nahmen die Soldaten einen dicken Strick und drehten ihm den um Stirn und Schläfen so fest zusammen, was sie wreudeln nannten, daß ihm die Augen aus dem Kopfe traten. Ganz ebenso verlief in Trent ein Versuch der Bewohner, sich zur Wehr zu setzen, nur wenige konnten sich nach Hiddensöe hinüberretten. Auch Sagard und Garz wurden bei solchen Plündereien ein Raub der Flammen. Selbst nach Hiddensöe kamen die Soldaten schließlich und nisteten sich dort ein. Das Kloster wurde von ihnen zerstört, und sie waren es, die den letzten Rest der Wälder auf der kleinen Insel Hiddensöe und zur Feuerung verbrauchten. Unerträglich waren schon im Anfang 1628 die Zustände geworden. Die rügensche Ritterschaft wandte sich um Erleichterung an den Herzog. Sie schildert in ihrer Eingabe, wie die Bauern ruiniert seien, und da sie Vieh und Korn nicht mehr hätten, von den Soldaten schrecklich mißhandelt würden. Auch der Adel habe nichts mehr. Hungersnot stände in sicherer Aussicht, da selbst kein Saatkorn mehr vorhanden sei, und das wenige, was man noch mit vieler Mühe gesägt habe, abgehütet, abgemäht, oder zertreten sei. Vergebliches Bemühen! Wie hätte der Herzog, dem es selber auf dem Festlande nicht besser ging, Abhülfe schaffen können, bat und flehte er auch bei Wallenstein was kümmerten den der Notschrei und das Gejammer der zertretenen Völker. Aber man bekam diesmal eine Antwort auf den Notschrei, eine wallensteinsche! Als das heldenmütige Stralsund dem Ingrimm des Gewaltigen getrotzt hatte, und eine dänische Flotte jetzt um Rügen kreuzte, sandte Wallenstein im Juli 1628 eine große Truppenanzahl zur Verstärkung der dortigen Besatzung nach der Insel hinüber. Mehr als 15 000 Mann Soldaten standen jetzt auf Rügen; diese mitsamt ihren Trotz sollte das ausgesogene Land jetzt unterhalten! Es war unmöglich. Die Truppen selbst mußten schließlich zugrunde gehen, und so entschloß sich denn Wallenstein, eine Anzahl derselben fortzunehmen, nicht in Rücksicht auf die Not der Insel, sondern weil die Dänen, die in Pommern nach anfangs glücklicher Landung geschlagen waren, nach Hause segelten. aber es blieben immer noch im Winter 1628 zu 1629 gegen 10 000 Mann auf Rügen, und so trat denn endlich die unausbleibliche Katastrophe ein. Eine Hungersnot in der schrecklichsten Form brach aus. Man suchte den knurrenden Hunger mit Knospen der Bäume, mit dem Gras und Unkraut der Felder zu stillen. Fische waren ein nicht mehr gekannter Leckerbissen, denn die Leute waren zu schwach, um auf den Fischfang gehen zu können. Arme und Hände fraßen manche sich ab, Kinder der verstorbenen Mutter die Brüste. Ein Bauer im Poseritzer Kirchspiel wollte in seiner wilden Verzweiflung seinem Kinde den Hals abschneiden, als es ihn um Brot bat. Gleichen Hunger litten die Soldaten. Sie rissen den Leuten die jämmerliche Suppe vom Feuer, die diese sich aus Gras und Baumrinde kochten, und um tote Katzen und Pferde schlug man sich selber tot. Natürlich waren auch jetzt so ziemlich alle Bande der Zucht und Ordnung gelockert. Diebstahl und Mord waren gang und gäbe, Häuser und Kirchen wurden ausgeraubt und zerstört; keiner war seines Lebens sicher. In der Grafschaft Putbus stürmten die Soldaten in ein Haus, erschossen einer Mutter das säugende Kind an der Brust und verwundeten sie selbst tötlich. Wurde auch in der Nähe der Obersten manchmal ein oder der andere Marodeur standrechtlich erschossen, es nutzte nichts für die ganze große Masse, die von Hunger und Raublust zu allen Schandthaten getrieben wurde. Zu aller Hungersnot gesellten sich im Sommer 1629 dann die unter solchen Umständen unausbleiblichen Seuchen. Pest, rote Ruhr und andere Krankheiten dezimierten die nicht mehr widerstandsfähige Bevölkerung, ganze Familien starben aus, ganze Ortschaften wurden entvölkert, die dann von den Soldaten geplündert und verbrannt, später nie wieder entstanden sind. Endlich kam im Sommer 1629 Erleichterung. Aber es war zu spät, das Elend hatte bereits den höchsten Grad erreicht. Anfang Mai hatte Wallenstein mit Dänemark Frieden gemacht, er brauchte jetzt keinen dänischen Angriff mehr auf Rügen zu fürchten, und so nahm er die Truppen von der Insel weg, nicht wegen des Elends der Bevölkerung, sondern aus militärischen Gründen. Nur eine kleine Besatzung blieb in den Befestigungen bei Altefähr und in der Prosnitzer oder Neufähr Schanze; aber auch diese Besatzung brandschatzte die Bevölkerung noch unaufhörlich. Doch man konnte wenigstens aufatmen und hoffen. Da sollten noch einmal, viel furchtbarer als bisher, alle Greuel einer entfesselten Soldateska über das unglückliche Rügen kommen. Dänemark hatte 1629 mit dem deutschen Reiche Frieden geschlossen. Bald bildete sich zwischen beiden Mächten ein intimeres Verhältnis, das seine spitze gegen Schweden richtete. Schwedens König Gustav Adolf hatte den Stralsundern gegen Wallenstein geholfen; seitdem blieb die Stadt im Bunde mit ihm, notgedrungen zum Schutze gegen ihren eigenen Kaiser, und eine schwedische Besatzung stand in Stralsund. Jetzt wollte der Kaiser die Insel Rügen an Dänemark geben, da er einsah, daß er sie auf die Dauer gegen die Schweden nicht würde behaupten können. Und so schien dem Könige Christian IV. , demselben, dem Philipp Julius die Insel vor 5 Jahren hatte verkaufen wollen, jetzt das Glück des Besitzes doch blühen zu wollen. Am pommerschen Hofe waren die Unterhandlungen des Kaisers 
Ferdinand II. , der sich nicht entblödete, zu eigenem Vorteil eine Perle Deutschlands schnöde zu verschachern, schon fast zum Abschluß gediehen, Rügen schien wieder dänisch werden zu sollen, da trat ein anderer dazwischen, in dessen Interessen der ganze Handel nicht paßte, Gustav Adolf. Er gab seinem Oberst Lesley, dem Kommandanten von Stralsund, den Befehl, sich Rügens zu bemächtigen. Er selbst war zum Zuge nach Deutschland noch nicht gerüstet. Lesley besetzte demgemäß am 7. März 1630 Hiddensöe, setzte nach Rügen über und erstürmte am 30. das schwach besetzte Altefähr. Hier ließ er starke Verschanzungen anlegen und schlug einen Sturm der Kaiserlichen unter Oberst Götz ab. Als dieser brave Oberst nunmehr sah, daß er Rügen gegen die Schweden, die sich täglich verstärken konnten, nicht mehr zu behaupten vermochte, gab er die Insel seinen Soldaten zur Plünderung frei, um sie wenigstens ausgeraubt dem Feinde zu hinterlassen. Da begannen nun am 27. April 1630 auf Rügen jene Greuelszenen einer entfesselten Soldatenbande, wie sie schlimmer in ganz Deutschland in diesem Kriege nicht vorgekommen sind. Das Letzte, was übrig geblieben war aus der neulichen Drangsal, wurde jetzt geraubt oder zerschlagen. Das Elend der Einwohner, und was sie ausstanden, kann keine Feder beschreiben, sagt ein Chronist. Der ergrimmte Soldat hauste überall unbarmherzig, es wurde weder jung noch alt verschont. Viele Einwohner wurden in ihren Häusern, wenn sie die unersättliche Geldbegierde der Plünderer nicht stillen konnten, wie die Hunde totgeschossen und samt der Wohnung verbrannt, die Prediger wurden geschlagen, die Kirchen brach man auf, nahm Zierrat und Kelche hinweg und durchsuchte selbst die Gräber nach Gold. Zu den greulichsten Martern griff man, die brennenden Lunten hielten die Musketiere den Leuten auf den Leib, versengten ihnen Hände und Füße, "wreudelten" sie, um sie zur Aussage zu zwingen, wo sie ihr Geld hätten. Alle Lüste und Laster walteten frei, das Jungfrauenkloster zu Bergen erhielt eine böse Visite. Der Landvogt mußte, wie viele Adlige, zusehen, wie seine Habe geplündert wurde. Die Gerichtsakten zerriß man, der Vogt selbst wurde dann verhaftet mitgeschleppt. Ebenso erging es den Berger Bürgermeistern, nachdem sie arg mißhandelt waren. Endlich hatten, als Alles verwüstet, ausgeraubt, zerschlagen, verbrannt war, die Greuel ein Ende, und Oberst Götz konnte sich bei seinem Fortgange rühmen, er mache sich jetzt anheischig, die Hörner einer Kuh, die auf Rügen bliebe, mit Gold zu überziehen. Das war der Schlußdank der Kaiserlichen für die Aufnahme, die ihnen zu Anfang zuteil geworden, für die Treue, mit welcher Rügen am Kaiser gehalten hatte trotz aller Not, das der Abschied derer, die zum Schutze der Insel gekommen waren, die sie in Wohlstand antrafen, in Jammer, Ruin, Verarmung auf lange Jahre hinaus endlich verließen. Nur die Neuefähr oder Prosnitzer Schanze behielten sie noch besetzt, bis sie Ende Juni auch hieraus verjagt wurden. Rügen war jetzt ganz in schwedischen Händen, und der Befehl an die Bewohner, aller Verbindungen mit den Kaiserlichen sich zu enthalten, fand nach den letzten Vorkommnissen um so williger Gehorsam, als auch jetzt eine Zeit der Sicherheit wieder zu beginnen schien. Während dieser letzten Vorgänge war Gustav Adolf schon unterwegs nach Deutschland. Am Abend des 24. Juni 1630 legte sich ein Teil der schwedischen Flotte beim mönchguter Vorgebirge Nordpeerd in der Nähe Göhrens vor Anker. Gustav Adolf kam an Land und betrat hier auf Rügen zuerst deutschen Boden. Eine Anzahl rügenscher Adliger begrüßte ihn hier. Als dann die übrige Flotte herannahte, ging der König wieder zu Schiff, sammelte am 25. seine ganze Flotte beim Ruden und landete am 26, unter Donner und Blitz seine Armee an der Küste Usedoms. Bald entfernte sich der Krieg dann ganz von den Küsten Rügens, und näherte er sich auch nach des heldenmütigen Königs Tod noch einmal unsern Gegenden, so betrat doch kein "kaiserlicher Freund" wieder Rügens Strand, da die Schweden die See beherrschten. Endlich konnte man auf der Insel an die Heilung der tiefen Wunden gehen, welche die "Kaiser-Zeit", wie sie noch lange auf Rügen hieß, geschlagen hatte. Von folgenschwerer Bedeutung ist das Eingreifen Gustav Adolfs in den 30 jährigen Krieg für Pommern und Rügen geworden. Der König hatte sich in den faktischen Besitz des ganzen Landes gesetzt und schaltete darin ohne Rücksicht auf den Herzog, wie im eignen. Nicht war er gesonnen, die für die schwedische Seemacht so wichtige Küste wieder herauszugeben, und als ein früher Tod ihn von dem Schauplatz der Geschichte abrief, blieb Schweden bei dieser Politik, und der westfälische Friedensschluss 1648 übertrug Rügen an Vorpommern bis an die Oder als deutsches Reichslehen an Schweden. Wenig Überwindung kostete dieser Verlust des Reiches dem Kaiser, der ja leichtentschlossen Rügen an Dänemark früher hatte abtreten wollen. Um so schmerzlicher aber war er für eine andere jung aufstrebende Macht, die gerechte Ansprüche an Rügen und Pommern hatte, für Brandenburg. Pommern und Brandenburg hatten lange mit einander in Streit gelegen, endlich war 1529 zwischen Herzog und Kurfürst ein Erbfolgevertrag geschlossen, kraft dessen bei jedesmaliger Huldigung in Pommern der Kurfürst von Brandenburg die Eventual-Huldigung mitempfing. Und als Bogislaw XIV. 1626 nach Philipp Julius Tode die Huldigung für Pommern-Wolgast und Rügen empfangen hatte, war sie auch für Brandenburg mit geschehen. Jetzt starb noch unter den Stürmen des 30 jährigen Krieges dieser letzte kinderlose Pommernherzog 1637, und Kurbrandenburg war Pommerns und Rügens Erbe. Aber einmal hatte Schweden das Land in Besitz und wollte es auf keinen Fall ganz wieder herausgeben, andererseits sah der Kaiser schel auf einen solchen bedeutenden Machtzuwachs eines protestantischen Staates hier im Norden. Daher konnte der Große Kurfürst seine gerechten Ansprüche nicht zur Geltung bringen und mußte sich mit Hinterpommern und einer anderweitigen Entschädigung für Vorpommern und Rügen zufrieden geben. Rügen war und blieb jetzt schwedisch mit Stralsund und Vorpommern, bis Stettin, und sollte es für mehr als anderthalb Jahrhunderte bleiben. Länger als drei Jahrhunderte, von 1325-1637 war es mit Pommern und dadurch mit dem deutschen Reiche vereinigt gewesen, alle seine Interessen, seine Kultur und Sprache wiesen auf diese Zugehörigkeit zu Deutschland hin, Brandenburg hatte gerechte und wohlbegründete Ansprüche an die Insel: unnatürlich war somit die Überweisung des durchaus deutschen Landes an eine fremde Macht, ungerecht wegen der Verletzung alter Rechtsansprüche, und die Keime für spätere unausbleibliche Verwicklungen, in welche die Insel hineingezogen werden mußte, waren damit gelegt. Aber die Politik der damaligen Zeit, die ja auch anderweitig deutsche Gebiete ohne Bedenken an fremde Mächte überließ, wollte und konnte nicht anders bestimmen. Schnell genug lebte sich Rügen in die neuen Verhältnisse ein. Seine Nationalität wurde nicht angetastet, und unter dem fremden Kleide bewahrte es sich ein deutsches Herz. Zudem war Schweden damals eine Macht, die es schützen konnte, es that alles, um die Wunden der schweren Kaiserzeit zu heilen, die Hauptstadt Bergen zum größten Teil eingeäschert hatte. Auf den entvölkerten Höfen siedelten siedelten sich abgedankte Soldaten an, so daß das Land wieder bebaut werden konnte. Der schwedische Graf Gustav Wrangel erwarb 1642 das Gut und Schloß Spyker auf Jasmund, nachdem der letzte Besitzer desselben, aus dem Geschlecht derer von Jasmund, verunglückt war. Wrangel baute das Schloß neu aus und soll zu dem Zwecke die Überreste des alten jaromarischen Schlosses auf dem Rugard abgebrochen und auf dem Rugard abgebrochen und die Bausteine daraus nach Spyker gebracht haben. Er verlebte hier nach der für die Schweden unglücklichen Schlacht bei Fehrbellin, wo er den Oberbefehl geführt hatte, seine letzten Tage. Die Sage weiß, daß er hier im Schloß wegen der verlorenen Schlacht durch den aus Stralsund herbeigeholten Strafrichter hingerichtet sei, und seit der Zeit soll es in den mit altertümlichen Reliefs und Bildern geschmückten Bäumen zuweilen nicht geheuer sein. Aber zu dem früheren Wohlstand hat in der schwedischen Zeit die Insel sich nicht wieder emporschwingen können, bald genug zu ihrem Schutze, und der Druck neuer Kriege legte sich nicht lähmend auf alle Verhältnisse. Schon in den nordischen Kriegen Karl Gustavs (gestorben 1660) wurde Rügen wieder heimgesucht. 1657 landeten die Dänen auf der Insel und verwüsteten sie teilweise. Auch die schwedischen Truppen hausten arg, besonders die norwegischen Regimenter. Es war so schlimm, daß Straßen und Wege unsicher waren, und reisende Personen beraubt und geplündert wurden. Dazu kam 1661 große Dürre und Mißwachs, das Getreide stieg so hoch im Preise, daß viele Leute sich aus dem Lande fortbegaben. Unter solchen Verhältnissen war es für Rügen von wenig Wert, daß im Friedensschluß von Roeskilde 1658 und Kopenhagen 1660 Dänemark endlich auf seine sämtlichen Ansprüche an weltlichem und geistlichem Gut auf Rügen zu Gunsten Schwedens verzichtete. Neue Not traf das so schwer geprüfte Eiland, nachdem Schweden sich durch Frankreichs König, Ludwig XIV. , zum Kriege gegen den Großen Kurfürsten hatte bewegen lassen. Truppensammlungen fanden statt, die Last der Einquartierung wurde auf Rügen sehr stark, auf Straßen und Wegen herrschte Unordnung, bis die Schweden in die Mark Brandenburg abrückten. Man atmete auf, als man die Soldaten los war, aber nach der Schlacht bei Fehrbellin 1675 zog das Kriegsgewitter drohend über die Insel herauf. Schon im Oktober des Jahres stand der Große Kurfürst und der mit ihm verbündete dänische König Christian V. vor Stralsund. Es unterblieb zwar noch jetzt die Belagerung der Stadt, aber den ganzen Winter über besorgte der schwedische General Königsmark einen Übergang der Brandenburger über das Eis nach Rügen, und die Einwohner wurden in Masse aufgeboten, um zu eisen. Den ganzen Winter hindurch mußten die Rüganer sich damit abquälen, zudem war es so kalt, daß viele Personen dabei erfroren. Im folgenden Jahre litt Rügen unter der Aufgabe, eine starke Besatzung verpflegen zu müssen. Noch konnte Königsmark eine Landung der Dänen verhüten, aber als 1677 die schwedische Flotte bei Stevensklint von dem dänischen Admiral Nils Juel fast vernichtet war, war er von aller Unterstützung aus Schweden abgeschnitten, weil die Dänen die See beherrschten. Jetzt faßte Christian V. die Eroberung Rügens ins Auge. Das Eiland war in diesem Kriege so recht wieder der Spielball der Parteien. Der Große Kurfürst hatte dem König, da er dessen Flotte beim Kriege gegen Schweden nicht entraten konnte, die Insel als Siegespreis zusagen müssen. So war denn Rügen wieder einmal die Aussicht eröffnet, dänisch zu werden; daß es das nicht wurde, dankt es schließlich Ludwig XIV. von Frankreich. Vorerst aber sah es anders aus. Am 7. September 1677 landete Christian V. seine Truppen in der Prorer Wiek auf der schmalen Heide. Er fand keinen Widerstand, weil Königsmark eine Landung jetzt garnicht vermutet und seine Truppen deshalb zum größten Teil nach Stralsund gezogen hatte. So konnten die Dänen sich denn an der Prora verschanzen und, nachdem ihnen der Kurfürst das Reiterregiment des Oberst Hülsen zu Hilfe geschickt hatte, gingen sie gegen Königsmark vor, der nach Rügen hinübergekommen war und bei Bergen Stellung genommen hatte. Die Schweden wurden geschlagen und zogen sich nach Altefähr und der Prosnitzer Schanze zurück. Ersteres räumte Königsmark bald darauf, führte alle Truppen nach Stralsund hinüber, und somit war Rügen bis auf die Prosnitzer Schanze in den Händen der Dänen. Christian V. behandelte die Insel schon ganz wie sein Eigentum, gleich nach der Landung hatte er eine Proklamation an die Bewohner erlassen, worin er ihnen seine Gnade und Befreiung von allen Kriegslasten versprach. Auch wurde den Truppen jegliches Plündern verboten; aber trotzdem wurde das Land, aus dem die Schweden das Letzte an Korn und Stroh mitgenommen hatten, hart heimgesucht; und als der König nach dem Gefecht bei Bergen sein Hauptquartier in dem Gehöft Guttin, südwestlich von Bergen aufgeschlagen hatte, fanden sich dort noch sehr viele Leute ein, die um Schutz gegen die Plündereien baten. Hörten diese nun auch stellenweise auf, so war doch des Fouragierens kein Ende, und nach kurzer Zeit war die Insel so ausgesogen, daß die Truppen nicht mehr verpflegt werden konnten und infolge dessen durch Entbehrungen und Krankheiten außerordentlich geschwächt wurden. Der König war schon am 11. Oktober nach Dänemark zurückgekehrt, da der Kurfürst immer noch nicht gegen Stralsund vorrücken und die dänischen Unternehmungen gleichzeitig in Pommern begleiten konnte, weil er durch die Belagerung Stettins noch festgehalten wurde. General Rumohr und Oberst Hülsen hatten das Oberkommando über die dänisch-brandenburgischen Truppen übernommen und hatten die Anweisung, bis zum Eintreffen von Verstärkungen sich auf keinen Kampf mit den Schweden einzulassen. Aber die so notwendige Verstärkung der durch Krankheiten geschwächten dänischen Armee blieb aus, und so sah Königsmark den Augenblick gekommen, die Wiedereroberung der Insel zu versuchen. Da die Neufährschanze noch in den Händen der Schweden war, setzte er hier seine Truppen von Brandshagen und Niederhof aus über und am 8. Januar 1678 nahmen die Verbündeten trotz des gegenteiligen Befehls die Schlacht an. An der Landstraße zwischen Poseritz und Gustow, in der Nähe des Gutes Warksow, begann morgens 9 Uhr der Kampf mit einer beiderseitigen Kanonade. Bald darauf ging Königsmark, als er die Verbündeten durch den Fall des Oberkommandierenden Generals Rumohr, und durch das Feuer der schwedischen Artillerie in Verwirrung kommen sah, zum Angriff vor ihm kam auf seinem rechten Flügel die brandenburgische Reiterei entgegen; im wuchtigen Anprall jagte sie die schwedische Kavallerie auseinander, aber diese sammelte sich wieder, zog die Reserve herbei und warf schließlich die von allen Seiten angegriffenen Brandenburger zurück. Diese sammelten sich noch einmal, aber da die Dänen ihnen keine wirksame Hilfe brachten, wurden sie von der Übermacht wieder geworfen, und als jetzt die Schweden die Dänen in der Flanke und im Rücken faßten, jagte alles in wilder Flucht auseinander. Die Infanterie wurde fast ganz gefangen genommen. Nach vierstündigem Kampfe war der Sieg erfochten. Am folgenden Tage besetzte Königsmark Bergen, verfolgte die nach Jasmund und Wittow geflüchteten Feinde und nahm dort die letzten Reste der Verbündeten gefangen. Die Gemeinen wurden unter das schwedische Militär gesteckt, und das sollte später recht üble Folgen haben. Rügen war in diesem wechselvollen Kriege wieder einmal schwedisch. Doch die verbündeten Dänen und Brandenburger rafften sich wieder auf. Im Laufe des Sommers wurden in Rügen von den Dänen mehrere Einfälle gemacht, wobei die Hauptsache Plündern und Zerstören war. Endlich war die große Expedition zur Wiedereinnahme Rügens fertig. Dänemark sandte 27 große Kriegsschiffe, der Kurfürst hatte 11 Fregatten unter dem Kommando des Admirals van der Tromp bereit, und in über 300 größeren und kleineren Fahrzeugen wurden die brandenburgischen Truppen herantransportiert. Zum ersten Male warf der Hohenzollernsche Zar seinen "flammenden  Blick" über die Wogen der Ostsee. Bei der Stubber Bank im Greifswalder Bodden sammelte sich diese große Flotte, und während die Dänen im Norden Rügens landen sollten, wollte der Kurfürst gleichzeitig im Süden den Angriff beginnen; so konnte man am besten die schwedischen Truppen trennen. Diese waren so wie so durch die ganze Insel verzettelt, eben wegen der befürchteten Landung. Am 12, September lichtete der Große Kurfürst die Anker. Der Plan war, um den Feind über den Ort der Landung zu täuschen, in der Richtung von Osten nach Westen auf Palmer Ort zuzusteuern, dort den Kurs in nordöstlicher Richtung zu ändern, in die Putbusser Bucht hinein und hier an Land zu gehen. Aber man hatte die Rechnung bei diesem, bei einer Flotte von Dampfschiffen wohl angebrachten Manöver ohne den Wirt gemacht. Mit günstigem Südost langte die Flotte bald auf der Höhe von Palmer Ort an. Jetzt aber sprang der Wind in Nordost um, und das Manöver des Wendens war vorbei. Es war ein kritischer Augenblick. Königsmark hatte auf dem Zudar Geschütze postiert, die jetzt ihr Feuer auf die Flotte, die immer näher trieb, eröffneten. Viel Schaden richtete dies zwar nicht an, aber doch hätte es bald einen unersetzlichen Verlust verursacht: Eine Kugel schlug dicht neben dem Kurfürsten ein. Der Wind wollte nicht wieder umspringen und hätten die Schweden besser geschossen, so hätte es den kurfürstlichen Schiffen hier gehen können wie später am 5. April 1894 den Dänen in der Eckernförder Bucht. Mit Mühe und Not brachte man endlich die Schiffe außer Schußweite und legte sich vor Anker, um bessern Wind abzuwarten. Glücklicher waren am selben Tage die Dänen im Norden. In der Nähe Arkonas, bei dem Fischerdorf Vitte, da, wo das sonst hohe und steile Ufer einen tiefen Einschnitt hat, setzte der dänische Admiral Nils Juel die Truppen an Land. Die kleine schwedische Schar, die hier auf Wittow postiert war, suchte vergebens die Landung zu hindern, sie wurde über die Schaabe zurückgedrängt, und die Dänen verschanzten sich am Eingange derselben, an jener historischen Stelle, deren Wichtigkeit schon die Könige Erich und Waldemar bei der Belagerung Arkonas erkannt hatten. Sobald Königsmark von der Landung der Dänen erfuhr, befahl er seinen sämtlichen Truppen auf der Insel den schleunigen Rückzug nach Altefähr, da er die Unmöglichkeit einsah, bei seinen schwachen Streitkräften den Verbündeten die Eroberung Rügens noch ferner streitig machen zu können. Doch beobachtete er den Kurfürsten noch fortwährend. Dieser war bei der Nachricht von den dänischen Erfolgen höchst ungeduldig geworden; jetzt befahl er, am ersten besten Punkte zu landen, da er fürchtete, daß die Schweden mit allen Kräften sich auf die Dänen werfen würden. Beim Dorfe Neuenkamp, da wo jetzt das Standbild des großen Kurfürsten auf hoher Granitfäule der Nachwelt aus jenen Siegestagen Kunde giebt, gingen die brandenburgischen Truppen am 13. September 1678 an Land. Zwar hatten die Schweden auch hier eine Schanze aufgeworfen und mit Geschütz und Kavallerie besetzt, aber dem Ungestüm der Kampfbegierden, die, noch nicht am Lande, aus den Böten ins Wasser sprangen und ans Ufer stürmten, vermochten sie nicht zu widerstehen. In zwei Stunden war die ganze Truppenmacht, Infanterie, Kavallerie und Artillerie ohne Unfall und Störung ans Ufer gebracht. Auch Friedrich Wilhelm, sowie der Kurprinz und Derfflinger gingen sofort an Land. Königsmark war vom Zudar herbeigeeilt. Als er aber die Brandenburger in Schlachtordnung aufgestellt sah, trat er eiligst seinen Rückzug nach Altefähr an, auf welchem Derfflinger ihm heiß zusetzte. Friedrich Wilhelm blieb die Nacht über in Neuenkamp. Zwar hatte er alle Plünderung streng verboten, aber im ersten Ungestüm ging es in den nächsten Ortschaften doch bunt her und besonders auf das Vieh war es abgesehen. Der Pastor von Casnevitz und sein Küster, denen ihre Kühe fortgenommen waren, faßten sich ein Herz und gingen direkt zum Kurfürsten, um ihn um Wiedererstattung ihrer Habe zu bitten. Der nahm sie freundlich auf, behielt den Pastor und dessen Frau zur Tafel da und gab ihm für jede der acht verlorenen Kühe zehn Thaler; das war in damaliger Zeit ein sehr guter Preis. Dem Küster aber, den er scherzweise "Halbehrwürden" nannte, gab er für seine Kuh vier Dukaten und ließ auch ihm etwas zu essen reichen. So hatte der Große Kurfürst hier in Neuenkamp Gelegenheit, nicht blos seine strategische Meisterschaft zu zeigen, sondern auch die noch höhere Tugend der Menschlichkeit zu bethätigen, die mit Freuden bestrebt ist, die notwendig geschlagenen Wunden auch wieder zu heilen. Welch Gegensatz zu Wallenstein und dem Oberst Götz! Um folgenden Morgen, dem 
14. September, ging der ratlose Derfflinger an die Verfolgung des Feindes. Dieser hatte sich nach Altefähr retiriert, und hier innerhalb der Schanzen des Dorfes herrschte ein böses Wirrwarr, da alles nach Stralsund hinüberwollte. Derfflinger erfuhr von diesem Zustande, jagte nach Altefähr, und mit dem Degen in der Faust stürzte er den Seinen voran in die Schanzen, an deren Verteidigung man in der Angst sich zu retten gar nicht dachte. Königsmark selbst rettete sich mit Mühe auf ein Schiff. Viele Boote, mit Flüchtlingen überfüllt, sanken, Hunderte von Schweden fielen in die Gefangenschaft. Noch leichter eroberten die Brandenburger die wichtige Neufährschanze. Die Besatzung derselben, zum größten Teil aus den im Januar gefangenen Dänen und Brandenburgern bestehend, revoltierte gegen ihre schwedischen Offiziere und spielte ihren alten Waffenbrüdern die Schanze in die Hände. Bald wurde auch der Dänholm besetzt, und damit war Stralsunds Geschick, das der Kurfürst jetzt zu belagern begann, besiegelt. Er eroberte die Stadt, die Königsmark trotz aller Unmöglichkeit, sie halten zu können, in seinem Starrsinn freiwillig nicht herausgeben wollte, nach einem schrecklichen Bombardement, wobei die Hälfte der so schwer geprüften Stadt in Flammen aufging, am 12. Oktober 1678. Kurz nachher räumte der Kurfürst die Neufährschanze, die er noch bis dahin besetzt hielt, seinen Verbündeten ein, und damit war Rügen ganz in den Händen der Dänen, die sie ja behalten sollten. Schwer hatte die Insel in diesen Kriegstrümmern gelitten, sie war so von allem Wohlstand entblößt, so daß sie nicht imstande war, die dänischen Truppen zu versorgen, und diese von ihrer Heimat verpflegt werden mußten. Und was war das Ergebnis all dieser wechselreichen, hin- und herwogenden Entscheidungen? Schmählich verlassen von Kaiser und Reich, mußte der Kurfürst im Frieden zu St. Germain 1679 auf Ludwigs XIV. Gebot alle Eroberungen an Schweden von den Dänen wieder zurückgegeben. Wenn es schon einer fremden Macht überantwortet sein sollte, so war es das Beste, daß es bei den Schweden blieb, denen es nun schon seit mehreren Jahrzehnten gehörte. Auch unter dänischen Regiment wäre die Insel wohl nicht von den Stürmen verschont geblieben, die ihr in den folgenden Zeiten bei den Verwicklungen der nordischen Reiche bevorstanden. Wirklich gab die schwedische Regierung sich jetzt alle Mühe, endlich die so vielfach zerrütteten Verhältnisse Rügens in Ordnung zu bringen. Zunächst ward ein allgemeines Dankfest wegen des Friedens veranstaltet. Dann wurden die geistlichen und weltlichen Verwaltungen, bei denen in den Kriegszeiten manche Unordnung eingerissen waren, neu geordnet. Leuten, die sich auf Rügen neu anbauten, verlieh man Pivilegien und Freiheiten von Abgaben auf mehrere Jahre. Eine neue Gesinde-, Bauer- und Schäfer-Ordnung kam heraus "um dem Übermut des Gesindes und denen willkürlichen Steigerungen ihres Lohnes zu wehren"; und neben anderen Verfügungen erließ man auch ein Duell-Plakat, um "sotaner Privatrache Einhalt zu thun", die bei Adel und Offiziere Mode geworden war, indem sie "bei vorkommender Mißhelligkeit sich raufften und duellierten". Ein anderes Edikt versuchte die Übelstände der vielen gangbaren Münzsorten zu beseitigen, und zum erstenmal wurde Papiergeld eingeführt am 1. September 1690. Zur Hebung und Ordnung des Verkehrs wurde eine"neue Wasser-Post" nach Schweden angelegt 1658. Vom Bug auf Wittow, wahrscheinlich von da, wo heute das Wittower Posthaus steht, ging zum erstenmal regelmäßig einmal in der Woche eine Yacht mit Passagieren, Briefen und Packeten nach Ystadt. Die Aussicht unterstand dem "Postilion", der die ankommenden Pakete alle Woche nach Stralsund an den Königlichen Postdirektor überbrachte. Schwedische Feldmesser wurden 1692 hinübergeschickt, um auf königliche Kosten die "Agrimensur" vorzunehmen und eine offizielle Landkarte anzufertigen.Von der infolge der vielen Kriege und Entvölkerung so vieler Stellen eingetretenen Verwilderung des Landes gaben sie jetzt veranstalteten Wolfsjagden ein deutliches Zeugnis. Wie sehr muß es mit der Kultur auf der Insel zurückgegangen sein! Kantzow berichtete zur Zeit der Reformation, daß damals "kein wolf oder ratz" auf Rügen anzutreffen gewesen sei; und wären auch mal die "wülffe" über Eis hineingekommen, so hielten sie sich nicht, eben weil alles kultiviert war. Jetzt waren sie zur Landplage geworden. Der Oberjägermeister Borck mußte endlich seit 1695 offizielle Wolfsjagden anstellen. Jede Hausstelle auf dem Lande mußte einen Mann zum Treiben liefern. Einige Wölfe fing und erlegte man zwar, zur gänzlichen Vertilgung derselben aber mußte schließlich jede Hufe ein bestimmtes Geld zahlen, damit regelmäßige Treibjagden veranstaltet werden konnten. Zu solchen allgemeinen Landplagen kamen dann ab und an wieder Sturmfluten, welche die Küsten schwer heimsuchten und sie begonnene Kultur zeitweise zerstörten, so im Herbst 1692, wobei Häuser und Vieh fortgeschwemmt wurden, und am 8. November 1703, wo ein furchtbarer Orkan Häuser umwarf, in Gingst und Samtens die Kirchtürme herabstürzte, den Berger zum Wackeln brachte und vom Trenter Turm Hahn und Knauf herniederwarf. Unter Karl XII. wurde Rügen in die Wirren des nordischen Krieges mithineingezogen. Blieb es zwar anfangs von einem feindlichen Einfall verschont, weil Karl die Dänen schnell niederwarf, so wurde doch auf der Insel stark für das dänische Heer geworben, und das nicht immer auf rechtlicher Weise. Vielfach wurden Handwerker und Bauern aufgerissen und unter die Truppen gesteckt, die von Stralsund aus dem Könige nachgeschickt wurden. Viele Adlige dagegen dienten freiwillig im schwedischen Heere, und mancher rüganische Edelmann fand in Polen und Rußland den Heldentod. Alle Siege Karls wurden auf Rügen in einem allgemeinen Dankfeste mitgefeiert, und in den gefangenen Sachsen und Russen, damals "Moskowiter" genannt, die vielfach nach Rügen gebracht wurden, konnte man die Erfolge der schwedischen Waffen sehen. Aber die Kriegskontributionen und fortwährenden Werbungen drückten das Land schwer, und als Karl XII. nach der Niederlage von Pultava 1709 in die Türkei geflohen war, und Dänemark den Kampf wieder begann, mußte man sich auf Rügen auf Schlimmes gefaßt machen. Kerl kehrte unerwartet 1714 nach Stralsund zurück. Mit König Friedrich Wilhelm I., der Stettin inzwischen besetzt gehalten hatte, wollte er sich über die Ansprüche desselben nicht einigen, und so schloß auch das junge preußische Königreich sich den Feinden Schwedens an. Friedrich Wilhelm I. begann in Gemeinschaft mit den Dänen und Polen 1715 die Belagerung Stralsunds, während die dänische Flotte um Rügen kreuzte. Hier wurde fortwährend eine dänische Landung befürchtet, und deshalb hielt sich der König Karl dort auf, um diese zu hindern. Seine Streikräfte waren jedoch bei weitem nicht stark genug im Verhältnis zu den Verbündeten. Er beorderte Zuschub von Schweden. eine schwedische Flotte nahte mit Truppen, aber die Dänen  trafen sie in der Tromper Wiek und schlugen sie am 8. August 1715 nach Bornholm zurück. Diese Seeschlacht soll der König Karl XII. von Stubbenkammer aus beobachtet haben, und seitdem jener höchste Punkt des Kreidefelsens den Namen Königsstuhl führen. Inzwischen ging die Belagerung Stralsunds weiter. Solange die Stadt jedoch aus Rügen Zufuhr bekam, konnte die Belagerung keinen Erfolg haben, und daher beschlossen die Verbündeten, erst die Insel Rügen zu nehmen. Dänische und preußische Truppen wurden an der Mündung des Ryckflusses eingeschifft und unter Begleitung der dänischen Flotte fuhr man nach Rügen hinüber. Nebel und Regen verbargen dem wachsamen Karl die Richtung der Schiffe und so konnte die Flotte am 15. November in der Bucht von Strelow vor Anker gehen, und ungehindert die Mannschaft an Land gesetzt werden. Friedrich Wilhelm I. und der König von Dänemark sowie der Fürst Leopold von Anhalt-Dessau befanden sich an Bord. Sogleich verschanzten sich die Verbündeten. Diese Vorsicht war sehr geboten, denn kaum hörte Karl, der sich auf dem Zudar aufhielt und hier die Feinde erwartet hatte, von der erfolgten Landung, als er noch in der Nacht mit seinen in der Eile zusammengerafften Truppen aufbrach und sogleich zum Angriff vorging. Mit eigner Hand riß er als erster die spanischen Reiter, die vor den Schanzen aufgestellt waren, hinweg, aber alle Tapferkeit war gegen die sehr überlegene Anzahl vergebens. Die Schweden wurden mit großem Verlust zurückgeschlagen. Karl selbst erlitt eine Verwundung. In der Nähe des Landungs- und des Kampfplatzes steht heute auf hohem Ufer das Standbild des ersten preußischen Königs, der siegreich seinen Fuß auf das seinem Hause so lange vorenthaltene Erbe gesetzt hat.. Am folgenden Tage wurden auch die Schanzen von Altefähr erstürmt; jetzt war der Fall Stralsunds nur noch eine Frage der Zeit. Karl XII. entschloß sich endlich zur Rückkehr nach Schweden. Mit Müh und Not eifte man in der Nacht vom 21. zum 22. Dezember sein Schiff von Stralsund nach Hiddensöe durch, und von hier gelangte der König auf ein schwedisches Kriegsschiff. Stralsund ergab sich am folgenden Tage den Siegern. Aber der halsstarige Karl war nicht zum Frieden zu bewegen, trotzdem die Verbündeten seine Länder thatsächlich besetzt hatten. Erst nach seinem Tode 1718 kam dieser mit seiner Schwester Ulrike Eleonore zustande. Rügen war inzwischen von 1715 bis 1720 in dänischem Besitz. - Friedrich IV. von Dänemark behandelte es als sein Eigentum und hoffte es auch zu  behalten. Er schenkte dem Berger Kloster 500 Thaler und half auch sonst dem durch die Kriegslasten schwer mitgenommenen Lande, war doch 1715 Bergen wieder durch eine Feuersbrunst heimgesucht, wobei gegen 30 Häuser eingeäschert wurden, und hatte doch kurz vorher 1712 eine Pest auf der Insel gewütet, an welcher im Lankener Kirchspiel allein in drei Monaten 118 Personen gestorben waren. Aber im Friedensschluß 1720 trat Dänemark die Insel wieder an Schweden ab gegen anderweitige Entschädigung. Preußen sah zwar seine gerechten Ansprüche an ganz Pommern und Rügen immer noch nicht befriedigt, erlangte aber doch wenigstens Vorpommern bis zur Peene. Fast hundert Jahre blieb die Insel nunmehr in ungestörtem schwedischen Besitz. In diese Zeit fällt die Eröffnung des ersten Bades auf Rügen. Es war kein Seebad im Stile der Jetztzeit. Die Vorzüglichkeit des rügenschen Strandes zu diesem Zweck ahnte man noch nicht, war es doch damals überhaupt noch nicht recht gebräuchlich, in der frischen und reinen Luft des Strandes und 
in den kühlen Wogen des Meeres Erholung zu suchen. Die derzeitigen Bäder waren fast ausschließlich an Heilquellen eingerichtet. Auch Rügen besaß eine solche vermeintliche Wundergabe. Sagard konnte sich deren rühmen. Das Wasser des Baches, der den Ort durchfließt, enthielt Eisen und Kalk, damit war die Heilkraft des Wässerchens konstatiert. Und so faßte der Pastor in Sagard 1794 den kühnen Entschluß, hier am Lebenshorn von Sagard ein Bad zu errichten. Es war diese Idee nicht neu. Schon in der Mitte des Jahrhunderts besuchten Hülfsbedürftige den "Gesundbrunnen", jetzt wurde die Sache im großen Stile betrieben. Des Pastors Bruder war Arzt; er nahm die Sache in die Hand und verfaßte einen Prospekt, in welchem das Lob des Bächleins in allen Tonarten gesungen wurde. Da heißt es: "Der kleine Bach ergötzt hier durch seine hohen Ufer (!), dort durch kleine Wasserfälle und an anderen Stellen durch sein sanftes Rieseln zwischen den geschlängelten Einschnitten der Wiesen. Ungemein anmutig sind die Spaziergänge längs der Brunnenaue. An Ergötzlichkeiten anderer Art, als da ist Karussel (!), Kegelbahn, Spieltische, Schaukel, Wippen, Scheiben, Musik und Tanz fehlt es auch nicht". Man sieht, was ein Bad der leibenden Menschheit damals alles an "Ergötzlichkeiten" bieten mußte, und jedenfalls müssen die Nerven noch recht stählern gewesen sein und der Ruhe nicht bedurft haben. Außer diesen "Ergötzlichkeiten" fehlt es nun natürlich an der Hauptsache nicht. Ein "hohes turmartiges Gebäude" war errichtet, das bildete den Kernpunkt des Ganzen. Hierin befand sich ein "Versammlungssaal" mit "der nöthigen Küche" und last not least - "zwei bequem eingerichtete Steinbäder", d. h. man badete und wühlte hier nicht etwa in Steinen herum, sondern es waren gemauerte Vertiefungen, in deren kühle, heilkräftige Fluten man sich hineinsetzte. Wer da nicht gesund und gestärkt wurde, dem war schlechterdings nicht zu helfen! Das Originellste aber an dem ganzen Bade war, daß "die Bestimmung der meisten Preise den Beratschlagungen der Brunnengäste überlassen" war. Und die knauserten allerdings nicht, denn man zahlte für eine möblierte Stube den für damalige Verhältnisse recht anständigen Preis von 11/2 bis 2 Thalern und an die Badekasse für 4 Wochen sogar einen Dukaten. Aber trotz aller "Ergötzlichkeiten" und "Steinbäder" wollte das Bad nicht recht in Flor kommen, im Anfang dieses Jahrhunderts wurde es kaum noch besucht; doch zeugt auch von dem "hohen thurmartigen Gebäude" jetzt nichts mehr, so bleibt der Ruhm jedenfalls bei Sagard, der älteste Badeort auf Rügen zu sein, wenngleich die spätere Errichtung von Seebädern diese erste, allerdings ganz anders geartete Anlage völlig in Vergessenheit gebracht hat. Bis dahin jedoch, bis das heitere, fröhliche Treiben des Badelebens an Rügens reizenden Küsten begann, kamen über die Insel nochmals recht trübe, schwere Zeiten, die dann endlich zu einer Klärung und definitiven Entscheidung über Rügens politische Verhältnisse führen sollten. Schwedens König Gustav IV. gehörte zu den grimmigsten Feinden Napoleons I., er schloß sich zunächst England und Rußland an gegen den "Herrn Bonaparte", wie er immer zu sagen beliebte, und dadurch wurde auch schwedisch Vorpommern und Rügen in die Kriege mit den Franzosen hineingezogen. Als Preußen nach der Niederlage bei Jena den Kampf noch fortsetzte, verbündete Gustav IV. sich mit ihm. Blücher sollte mit einem Korps auf Rügen landen. und von Pommern aus dann ein Vorstoß gegen die Franzosen gemacht werden. Blücher kam zwar nach Stralsund, auch eine englisch-deutsche Legion landete auf Mönchgut beim Norperd, aber der Tilsiter Friede machte dem beabsichtigten kombinierten Vorgehen ein Ende. Trotzdem blieb Gustav IV. nun allein in Kampf gegen Napoleon, der jetzt Stralsund belagern ließ, wo Gustav sich aufhielt, Bald sah der Schwedenkönig die Unhaltbarkeit der Festung ein, er überließ sie den Franzosen und ging nach Rügen hinüber mit seinen Truppen, welche die Insel gehörig mitnahmen. Bald genug beschlossen die Franzosen die Einnahme der Insel, da knüpfte der König, der krank in Bergen lag, Verhandlungen mit ihnen an, weil der nahende Winter die Rückkehr nach Schweden sonst hätte unmöglich machen können. Das Ergebnis war, daß Rügen den Franzosen übergeben wurde. Die Schweden verließen die Insel, Karl Schiffte sich am 9. September 1807 am Nordperd ein, an derselben Stelle, wo vor 177 Jahren der große Schwedenkönig die Insel betreten hatte. Von jetzt an teilte Rügen das Schicksal Stralsunds und Vorpommerns zur Franzosenzeit. Erdrückend ward die Last der französischen Einquartierung. Da die Franzosen eine englische Landung befürchteten, lag so viel Militär auf Rügen, daß es in Privataquartier nicht mehr untergebracht werden konnte, sondern die Kirchen ihm eingeräumt werden mußten in Bergen, Zingst, Garz, Sagard, Altefähr, Rambin und Lanken. Hauptsächlich waren hier Lazarette eingerichtet, denn die Truppen litten unter der ungewohnten Rauheit des Klimas außerordentlich, und Seuchen waren die unausbleibliche Folge nicht blos beim Militär, sondern auch bei der Bevölkerung. Noch jetzt zeugt der sogenannte Franzosenkirchhof bei Bergen von diesem Zustsande des französischen Heeres. Überall an den Küsten waren Wachposten aufgestellt. Auf Stubbenkammer hatte die französische Küstenwache sich eine Bretterbude erbaut und die hohen, alten Buchen, die bisher bis an den Rand des Königsstuhls standen, zu dem Zwecke gefällt, überhaupt gehörig unter den prächtigen Baumriesen hier aufgeräumt. Wie viel aber die Insel für die fremden Herren aufzubringen hatte, erhellt schon aus der Angabe des Tafelgeldes, das dem kommandierenden General allein in Höhe von 4000 Franks monatlich ausbezahlt werden mußte. Rechnet man dazu die Verpflegung der Truppen, so ist leicht ersichtlich, daß der Wohlstand Rügens total ruiniert wurde. Und die Soldaten begnügten sich nicht immer mit dem vorschriftsmäßig Gelieferten, sondern nahmen je nach Belieben noch dazu. Endlich, als die Not aufs Höchste gestiegen war, kam Erleichterung. König Gustav wurde 1809 entthront; man konnte jetzt auf baldigen Frieden hoffen, und zudem nahm Napoleon nunmehr seine Truppen hinweg, weil er sie in Spanien gebrauchte. Aber in den Freudenbecher fiel noch einmal ein Tropfen Wermut. Schill hatte mit stürmender Hand Stralsund genommen. Er zwang Rügen, ihm einige Hundert Mann zur Verstärkung seiner Truppen zu stellen, und ließ den Landvogt von Bohlen zu Bergen, der sich dieser Maßregel, sowie der Kontribution im Interesse der Insel mutig widersetzte, nach Stralsund gefangen fortführen. Bald erlosch Schills Stern. In der Fährstraße in Stralsund fand er am 31. Mai 1809 den Tod, seine Truppe wurde in wütendem Straßenkampf vernichtet, manche Versprengte retteten sich nach Rügen hinüber. Die Holländer, die Schergen Napoleons gegen Schill, gingen nach der Insel hinüber, besetzten Bergen und nahmen die Trümmer der mutigen Schar gefangen, von der nur wenigen es gelang, von Mönchgut aus auf Schiffe sich zu retten. Es war der letzte kriegerische Akt auf Rügen. Endlich kam die Stunde der Erlösung. Am 6. Januar 1810 schloß Karl XIII. von Schweden mit Napoleon in Paris Frieden, vermöge dessen Rügen und Vorpommern nochmals zur schwedischen Herrschaft zurückkehrte. Hiermit endete die Kette der Kriegsdrangsale für Rügen. Sein ferneres Schicksal gestaltete sich ohne Blutvergießen und Bedrückung.


 
Die älteste Kunde von der Insel
Rügen als selbständiges Reich
Swantewit und andere rügensche Gottheiten
 
Die Unterwerfung der Insel durch die Dänen 1168
Rügen unter dänischer Oberhoheit
Rügen ein preußisches Land
     

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